Die Digitalisierung der Gesellschaft fordert Opfer – unsere Führungskräfte. Es gibt gelegentlich Prognosen: Roboter ersetzen langfristig Mitarbeiter, auch Vorgesetzte. Aber mal unter uns: Sind unsere Chefs aus Fleisch und Blut nicht schon Roboter genug?
Viele Medien befassen sich immer mal wieder mit der „Zukunft der Arbeit“ und damit, inwiefern sich Roboter auf die Arbeitswelt auswirken. Wer jetzt denkt, vom technologischen Fortschritt sind keine Führungskräfte betroffen, liegt falsch. Denn: Mitarbeiter bewerten, glaubt man einer Studie des Massachusetts Institute of Technology, Roboter als bessere Chefs. Mir bleibt nur zu fragen: Wann ist es endlich soweit?
Wenn ich mir vorstelle, ein Roboter überträgt mir Arbeit und delegiert Aufgaben an das Team – dann verbinde ich das mit Fairness. Aus technischer Sicht muss es Algorithmen – also klare, programmierte Regeln – geben, anhand derer ein Roboter Entscheidungen trifft. So ist zumindest mein Verständnis. Rationale und transparente Entscheidungen schaffen Klarheit im Team, und in der Beziehung zum Vorgesetzten – dem Roboter. Sympathie, Antipathie, Machtgerangel, Konkurrenzdenken – Fehlanzeige. Auch mit unter Umständen mangelnder Führungskompetenz brauchten sich Mitarbeiter nicht mehr auseinanderzusetzen. Vorbei die Zeit schlechter Führung. Vorausgesetzt: Der Programmierer des Roboters verfügt über entsprechende Kompetenz. Gut, nach dem Sinn zu fragen oder Entscheidungen zu besprechen – das wäre wohl nicht mehr drin.
Führung ohne Gewissenskonflikte
Der Roboter, ein Sparmodell: Führungskräfte aus Platinen und Drähten sind die perfekte Lösung für die Chefetage. Für Unternehmen könnten sie sich zu einem wahren Kostensenker entwickeln. Finanziell dürfte sich das lohnen: Die Investitionskosten sind zwar groß, aber aus steuerlicher Sicht lässt sich aus den enormen Anlageinvestitionen bestimmt etwas machen. Und: Roboter leisten Unglaubliches. Sie können weitaus mehr Mitarbeiter führen als ein menschlicher Kollege. Burnout gleich Fehlanzeige. Bis die CPU durchbrennt, schaffen sie alles. Ein weiterer Vorteil: Sie sind emotional total stumpf. Die mechanische Führungskraft kann knallharte Entscheidungen treffen – fern ab jeder Moral und Wertvorstellung. Gewissensbisse ade. Und: Der Betreuungsaufwand von Robotern hält sich in Grenzen. Abends an die Steckdose, ein Kännchen Öl dazu – fertig. Keine lästigen Gespräche mehr mit Führungskräften, die aufsteigen möchten. Der eigene Management-Sessel endlich außer Gefahr.
Einen humanoiden Roboter präsentierte Toshiba bereits vor einigen Jahren, darüber berichteten diverse Medien. Das Unternehmen möchte damit in das Geschäft mit Robotern einsteigen. Bisher nur ein Prototyp soll dieser ab dem Jahr 2020 in Serie gehen. Die Aufgabe des Roboters soll es dann sein, in der Altenpflege zu arbeiten. Der Toshiba-Roboter ist zwar noch weit von einer Führungskraft entfernt. Hier geht es eher darum, menschliche Muskelkraft durch Technik zu ersetzen. Aber: Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis programmierte Roboter geistige Arbeitsfelder wie Führung übernehmen. Man beachte vor allem auch einmal das Aussehen und die Gestik des humanoiden Roboters von Toshiba – das wirkt schon alles sehr menschlich.
Arbeitswelt und ihre Androide
Aber unabhängig von den Medienberichten über Roboter und künstliche Intelligenz: Wie viel Mechanik steckt eigentlich in unseren Chefs? Die Frage ist bei dem Leistungspensum einiger Führungskräfte durchaus berechtigt. 14-Stunden-Tage und das mindestens sechs Mal die Woche. Dazu tägliches Bloggen mitten in der Nacht. Wöchentlich Publikationen für PR-Zwecke veröffentlichen – schließlich möchte man wahrgenommen werden. Aktive Selbstdarstellung in allen sozialen Netzwerken – #working #Business #Success. Nebenbei noch das Training für den Triathlon, Marathon ist nur etwas für Low-Performer. Und dann gibt es auch noch die Familie, die leistungsstarke Führungskräfte erfolgreich in ihrer Woche unterbringen.
Die logische Schlussfolgerung: Das müssen Androide sein. Sie kommen offensichtlich ohne Schlaf aus. Niemand „Menschliches“ kann auf Dauer so viel bewältigen. Und falls doch, warum? Gibt es wirklich Menschen, die freiwillig ein solches Leben führen? Leistung und Erfolg sind zwar gut, aber das ganze Leben dem widmen – bedenklich. Die wahre Bedeutung von Arbeit haben zum Glück jüngere Generationen schon erkannt. Die Generation Y sucht vermeintlich nach dem Sinn und einer ausgewogenen Work-Life-Balance.
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