Fünf Millionen Beschäftigte hierzulande haben ihren Job innerlich gekündigt. Die Mehrheit macht Dienst nach Vorschrift. Verantwortlich dafür sind insbesondere Führungskräfte und Unternehmenskultur.
Ihre Kündigung im Geiste haben 14 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland schon vorgenommen. Sie besitzen keine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber. Als emotional mit dem Unternehmen verbunden sehen sich lediglich 15 Prozent der Arbeitnehmer an. Drei von vier Beschäftigten absolvieren nur Dienst nach Vorschrift. Diese Ergebnisse liefert der aktuelle „Gallup Engagement Index 2018“. Für die repräsentative Studie befragte Gallup 1.000 Arbeitnehmer in Deutschland. Den Engagement Index erstellt das Beratungsunternehmen seit 2001 jährlich.
Innere Kündigung verursacht Milliardenschaden
Verantwortlich für den Grad der Mitarbeiterbindung ist das Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten. Ebenso spielt die Unternehmenskultur eine wesentliche Rolle. Sie hat auch maßgeblichen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Als neue Indikatoren führt die Studie Agilität, mehr Eigenständigkeit, bessere Zusammenarbeit sowie Mut für Neues an. Wer als Arbeitgeber jedoch denkt, dass kein Handlungsbedarf besteht, liegt falsch. Die innere Kündigung von Mitarbeitern schadet dem Unternehmen und letztlich der Wirtschaft. Gallup zufolge beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden auf bis zu 103 Milliarden Euro jedes Jahr.
Stärkere Mitarbeiterbindung durch Agilität
Die Studienergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen Mitarbeiterbindung und Agilität. Bei agilen Unternehmen sind 43 Prozent der Befragten emotional hoch gebunden, hingegen sind es bei nicht agilen Firmen nur sechs Prozent. Und: Drei von vier Beschäftigten in agilen Unternehmen vertrauen in die finanzielle Zukunft ihre Arbeitgebers, bei nicht agilen liegt die Zahl bei 39 Prozent. Was das Thema Agilität angeht, besteht hierzulande Nachholbedarf. Im europäischen Vergleich zu Großbritannien, Frankreich und Spanien schneidet Deutschland eher schlecht ab.
Chefs müssen umdenken
Für Mitarbeiterbindung und ein neues Mindset im Unternehmen braucht es gute Führung. In Zeiten von Digitalisierung und dynamischen Märkten sind flache Hierarchien und dezentrale Strukturen gefragt. „Wenn Mitarbeiter mehr Eigeninitiative zeigen und größere Verantwortung übernehmen sollen, brauchen wir auch ein Umdenken auf allen Führungsebenen“, sagt Marco Nink, Regional Lead Research & Analytics EMEA bei Gallup. „Führungskräfte müssen sich vom Leistungskontrolleur zum echten Coach ihrer Mitarbeiter entwickeln.“ Dabei gehe es um stärkenbasierte Mitarbeiterentwicklung, das Erkennen und Erfüllen zentraler emotionaler Mitarbeiterbedürfnisse und gelebten Dialog.
Das klingt eigentlich ganz einfach und selbstverständlich. Doch die Realität sieht anders aus. Hinsichtlich Führungsqualität driften Wunsch und Wirklichkeit erlebter Führung laut „Gallup Engagement Index“ auseinander. Nur knapp jeder fünfte Arbeitnehmer bezeichnet die Führung am Arbeitsplatz als Motivation, um hervorragende Arbeit zu leisten. Unter emotional hoch gebundenen Mitarbeitern sind es 54 Prozent. Bei Beschäftigten mit weniger Bindung sehen dies nur 19 Prozent so, ganz ohne Bindung nur drei Prozent. Dass die Führungskraft ihre emotionalen Bedürfnisse nicht wahrnimmt, beklagen insbesondere Mitarbeiter, die sich emotional gering oder nicht mit dem Unternehmen verbunden fühlen.
Mitarbeiterbindung als Erfolgsfaktor
Die Vorteile liegen auf der Hand. Sind Mitarbeiter emotional mit ihrem Arbeitgeber verbunden, kann das Unternehmen von positiven Effekten ausgehen. Verbundene Beschäftigte stellen sich als wahre Multiplikatoren dar. Sie treten für Produkte und Dienstleistungen ein, empfehlen ihren Arbeitgeber weiter. Darüber hinaus bleiben sie dem Unternehmen lange erhalten. Die logische Schlussfolgerung: Hat die Mehrheit innerlich gekündigt, stellen sich gegenteilige Effekte ein. Schlechtes Arbeitgeberimage und hohe Fluktuation sind die Folgen.
„Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass sie diejenigen sind, die durch ihr Verhalten einen erheblichen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben“, sagt Nink. Denn emotionale Bindung werde im unmittelbaren Arbeitsumfeld erzeugt. Der direkte Vorgesetzte sei dabei das A und O – das gelte in allen Unternehmen, unabhängig davon, in welchem Stadium des Unternhehmenswandels sie sich befänden.
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