Eine unendliche Geschichte: der Fachkräftemangel in Deutschland. Viele Unternehmen fühlen sich betroffen, nur wenige sind es tatsächlich. Aber bleiben die Bewerber erst einmal aus, dient er als perfekte Ausrede. Das Positive daran: Arbeitgeber haben die Lösung oftmals selbst in der Hand.
Der gute alte Sündenbock – er muss immer dann herhalten, wenn wir die Wahrheit ausblenden wollen. Ein Schuldiger kommt in solchen Situationen gerade recht. Die Hauptsache: Wir brauchen unser eigenes Verhalten nicht hinterfragen oder gar ändern. Das alles hat ja schließlich nichts mit uns zu tun. Oder vielleicht doch?
Den Mangel an qualifizierten Bewerbern verantworten Unternehmen häufig selbst. Sie suchen ideale Kandidatenprofile, die in der gewünschten Form am Arbeitsmarkt kaum existieren. Sie schauen starr auf die einst festgelegten Anforderungsprofile. Ein Blick nach links oder rechts – Fehlanzeige. Und: Sie suchen nach Qualifikationen und Kompetenzen, die für die Ausübung der ausgeschriebenen Stelle gar nicht zwingend notwendig sind. Die Diskrepanz zwischen Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil ist ein wesentliches Problem bei der Mitarbeitersuche. Falsche Vorstellungen von Muss- und Kann-Kriterien führen schnell ins Leere. Kurz gesagt: Es bleibt nach erfolgreicher Personalauswahl kein Bewerber mehr übrig. Unternehmen sagen Kandidaten ab, die durchaus geeignet wären. Umdenken ist gefragt.
Aufgabenbereiche überprüfen
Stellenbeschreibungen geben Auskunft über die zu verrichtenden Aufgaben und Tätigkeiten. Auch wenn Unternehmen sie in regelmäßigen Abständen überarbeiten und anpassen sollten – kaum einer macht´s. Das Resultat: Die Stellenbeschreibungen sind nicht mehr zeitgemäß. Relevante Bewerbergruppen fallen möglicherweise durch das Raster oder kommen im Recruiting zu kurz.
- Überprüfen Sie Ihre Stellenbeschreibung auf Aktualität: Was ist das Hauptziel der Stelle? Sind noch alle angegebenen Tätigkeiten Bestandteil der Arbeit? Hat sich das Aufgabenfeld geändert oder vergrößert? Wie gestaltet sich der Verantwortungsbereich – hat er sich erweitert oder verkleinert?
Gleiches gilt für Ihre Anforderungsprofile – sie sind regelmäßig zu überprüfen. Anforderungsprofile entstehen auf Basis der Stellenbeschreibung. Sie beschreiben, über welche Qualifikationen und Kompetenzen ein Mitarbeiter verfügen muss, um die Stelle auszuüben. Die Schwierigkeit: Eine realistische Einschätzung fällt oftmals schwer. Weniger ist in diesem Fall zwar nicht mehr. Aber zu viel sollten Arbeitgeber wiederum auch nicht verlangen. Das Anforderungsprofil muss eben zur Stellenbeschreibung passen.
Anforderungsprofile hinterfragen
Die Nachteile bei großer Diskrepanz zwischen Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil reichen weit: Der Mitarbeiter ist entweder über- oder unterqualifiziert. Letzteres führt meist zu Überforderung – zu hohe Anforderungen sind nur schwer zu erfüllen. Bei Überqualifizierung hingegen greift der Mitarbeiter nur einen kleinen Teil seiner Qualifikationen und Kompetenzen zurück – mehr erfordert das Aufgabenfeld nicht. Frustration und Demotivation sind in beiden Fällen die Folge.
- Überprüfen Sie daher Ihr Anforderungsprofil auf Aktualität: Passt es noch zur Stellenbeschreibung? Sind neue Kompetenzen zur Erfüllung der Aufgabe notwendig? Auf welche könnten Sie ggf. verzichten?
- Vor allem aber hinterfragen Sie das Anforderungsprofil: Welche Kompetenzen und Qualifikationen benötigt der Mitarbeiter zur Erfüllung der Aufgaben wirklich? Gibt es vergleichbare Qualifikationen anderer Berufe? Wie beurteilen andere Mitarbeiter in gleicher Position die Anforderungen?
Stehen persönliche Eigenschaften bei Ausübung der Stelle im Vordergrund, haben Unternehmen einen Vorteil: Es muss nicht immer ein Studium oder eine abgeschlossene Meisterausbildung sein. Über Kommunikationsstärke, Organisationtalent und Verhandlungsgeschick können Bewerber auch ohne erfolgreichen Abschluss und langjährige Berufserfahrung verfügen. Nutzen Sie die hohe Motivation von Quereinsteigern und vermeintlich Berufsfremden – mit realistischen Anforderungsprofilen.
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